BaFin erlässt Allgemeinverfügung zur Sicherstellung der Rechtssicherheit von Nettingvereinbarungen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 9.6.2016 eine Allgemeinverfügung nach § 4a WpHG erlassen, um, wie angekündigt, die Rechtssicherheit von Nettingvereinbarungen im Anwendungsbereich des deutschen Insolvenzrechts sicherzustellen. Die Allgemeinverfügung war notwendig geworden nach einem Urteil des BGH vom 9.6.2016 (IX ZR 314/14) zur Wirksamkeit von bestimmten Vereinbarungen im Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte.

Der BGH hatte entschieden, dass eine Abrechnungsvereinbarung, die Parteien von Aktienoptionsgeschäften, die deutschem Recht unterliegen, für den Fall der Insolvenz getroffen haben und die dem § 104 InsO widerspricht, insoweit unwirksam und die Regelung des § 104 InsO unmittelbar anwendbar ist. Daraufhin haben das BMJV und das BMF erklärt, unmittelbar gesetzgeberische Maßnahmen für eine kurzfristige Klarstellung oder Präzisierung der betroffenen Vorschriften des Insolvenzrechts auf den Weg zu bringen, um zu gewährleisten, dass die gängigen Rahmenverträge auch weiterhin im Markt und von den Aufsichtsbehörden anerkannt werden. Zunächst prüfe man aber, ob das Urteil über den Einzelfall hinaus Auswirkungen habe. Sollte der Gesetzgeber tätig werden, würden einige Monate verstreichen, bis diese Änderungen in Kraft treten können.

Die BaFin legt für diesen Zeitraum fest, dass die vertraglichen Nettingvereinbarungen auch weiterhin vereinbarungsgemäß abgewickelt werden müssen.

Hintergrund:

Nettingrahmenverträge bewirken, dass die einbezogenen Geschäfte (hier insbesondere Derivatetransaktionen) bei Eintritt von vertraglich definierten Ausfallereignissen enden oder beendet werden können. Die für den Zeitpunkt der Beendigung ermittelten Marktwerte der Einzelgeschäfte werden anschließend zu einem Nettoanspruch bzw. einer Nettoforderung saldiert.

Vertragliche Nettingvereinbarungen, wie sie dem vom BGH beurteilten Sachverhalt zugrunde liegen, werden in zahlreichen Rahmenverträgen verwendet. Sie sind Musterklauseln, die nicht nur in dem vom BGH bewerteten Deutschen Rahmenvertrag verwendet werden, sondern in dieser oder leicht abweichender Form auch in zahlreichen weiteren Mustervertragswerken. Diese Musterklauseln sind in Musterrahmenverträgen vorgesehen, wie sie z.B. von der International Swaps and Derivatives Association (ISDA) erstellt werden. Die BaFin geht davon aus, dass derartige Vertragsklauseln in einer sehr hohen Zahl von Verträgen verwendet werden, die im Insolvenzfall ggf. der deutschen InsO unterliegen. Derzeit kann nicht abgeschätzt werden, ob und wenn ja, welche der zahlreich verwendeten Vertragsklauseln von dem Urteilsspruch des BGH erfasst sind.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten der BaFin finden Sie die Allgemeinverfügung hier.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.06.2016 13:33
Quelle: BaFin PM vom 9.6.2016

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